Karl ist Beerenpflücker und möchte einen Fisch. Zum Glück kennt er Hein, der Fischer ist und gerne Beeren verspeist. Hein will 50 Beeren für einen Fisch. Karl ist einverstanden und das Geschäft wird getätigt. Karl verzichtet auf 50 Beeren und gewinnt einen Fisch. Hein verzichtet auf einen Fisch und gewinnt 50 Beeren.

Man könnte sagen, ein Fisch sei 50 Beeren wert. Aber das wäre ein Irrtum, der nebenbei für einen großen Teil der Verwirrung in der Ökonomie gesorgt hat und noch sorgt. Wert kann man nicht messen. Wert ist keine objektive Eigenschaft, sondern ein rein subjektives Abwägen einer einzelnen Person. Wert ist eine sich laufend ändernde Skala von Mitteln, die zum Erreichen von Zielen notwendig sind oder erscheinen.

Je nachdem, welches Ziel aktuell gerade an erster Stelle steht, verändert sich diese Wertereihenfolge für den Einzelnen. Damit ein Tausch von Gütern überhaupt stattfindet, müssten die zu tauschenden Güter eben nicht den gleichen Wert besitzen, sondern müssen gegeneinander im Wert verschoben sein.

Auf der aktuellen Werteskala von Karl ist der Fisch höher angesiedelt als die 50 Beeren, sonst würde er die Beeren nicht für den Fisch tauschen. Bei Hein muss es genau umgekehrt sein, die 50 Beeren müssen auf seiner aktuellen Werteskala einen höheren Rang einnehmen als der Fisch, den er dafür aufgeben muß.

Der einzige Grund, weshalb Menschen Güter miteinander tauschen, ist also, dass jede Partei dem jeweils zu erhaltenden Gut einen höheren Rang in der individuellen Werteskala zumisst, als dem Gut, dass dafür aufgegeben werden muss.

Gleichwertige Güter werden nicht getauscht.

Was ein Gut wert ist, kann niemand von außen auch nur annähernd bestimmen. Es ist eine interne Bewertung des einzelnen Menschen. Da eine Werteskala eine Reihenfolge von Ordinalzahlen ist (erste, zweite, etc.), kann man sie auch nicht berechnen. Dies ist einer der Hauptkritikpunkte an den modernen Wirtschaftswissenschaften, die mit mathematischen Modellen versuchen, Wirtschaft zu beschreiben.

Wir wissen jetzt also, dass Güter nur getauscht werden, wenn sie von den jeweiligen Partner, unterschiedlich bewertet werden. Es gibt keine wirtschaftlichen Transaktionen, die nicht diesem Prinzip folgen (Einsatz von Zwang ist keine Wirtschaft).

Das Problem mit direktem Tausch ist der doppelte Zufall der Wünsche. Um etwas zu tauschen, das ich besitze, muß ich jemanden finden, der besitzt, was ich will und der gleichzeitig will, was ich besitze. Dieses Problem läßt sich leichter lösen, wenn ich etwas besitze, das möglichst viele wollen. Kurz, ein Gut, das praktisch jeder haben möchte.

Solch ein Gut nennt man das marktfähigste Produkt. Mit solch einem Gut kann ich nun viel leichter an die Güter kommen, die ich haben möchte. Sagen wir, in Legoland wollen alle gelbe Steine. Ich selbst produziere aber Hühner. Wenn ich zum Bäcker gehe und ihm ein Huhn für ein Brot biete, kann es sein, dass der Bäcker kein Huhn braucht. Zum Glück habe ich aber noch einen gelben Stein in der Tasche, den ich dem Bäcker anbiete. Der Bäcker nimmt den gelben Stein, weil er weiß, dass andere diesen gelben Stein auch annehmen werden und er dafür etwas erhält, das für ihn dem Wert eines Brotes entspricht.

Dieses marktfähige Gut, die gelben Steine, ist ein Geld. In unserem Beispiel entspricht ein gelber Stein einem Huhn bzw. einem Brot; das Verhältnis zwischen Huhn und Brot ist 1:1, das Verhältnis zwischen gelbem Stein und Brot ist auch 1:1 und das Verhältnis von Huhn zu gelbem Stein ebenso.

Damit können wir nun den gelben Stein als kleinsten gemeinsamen Teiler für alle möglichen Güter am Markt verwenden. Wenn jemand für ein Huhn 50 Eier aufgeben muß, dann ist der Wert von 50 Eiern ein gelber Stein, oder ein Ei entspricht 1/50 gelbem Stein (hier sieht man schon, weshalb ein gelber Stein kein besonders gutes Geld darstellt, er lässt sich nicht teilen, ohne seinen Gebrauchswert zu zerstören).

Stellen wir uns nun vor, alle Bürger von Legoland wachten morgens auf und stellten fest, dass die Heinzelmännchen jedem von ihnen die gelben Steine verdoppelt haben:

„Hurraaa… wir sind reich!“

Wirklich?

Bekomme ich nun zwei Brote für ein Huhn?

Nein, denn das Verhältnis der Güter untereinander hat sich nicht verändert. Was sich verändert hat, ist der kleinste gemeinsame Teiler. Und deshalb müssen ab sofort 2 gelbe Steine für ein Brot oder Huhn und 1/25 gelber Stein für ein Brot aufgegeben werden. Geld verändert nicht die Relation der Bewertung zwischen den Gütern, mehr Geld in einem Markt ändert am Wohlstand und dem Verhältnis zwischen den Gütern nichts.

Nada, zilch, zero.

Die üblen Folgen des Aufblasens der Geldmenge haben eine andere Ursache: Die Zeit, bis jeder im Markt mitbekommen hat, dass es plötzlich mehr Geld gibt und seine Güterverhältnisse neu angepasst hat.

Denn im Gegensatz zu Legoland, wo die Heinzelmänchen jedem zum gleichen Zeitpunkt das neue Geld gaben, läuft der Vorgang in der wirklichen Welt anders ab.

Irgendjemand hat das neue Geld zuerst – der, der es in die Wirtschaft bringt. Bei uns ist das der Staat durch die Zentralbank. Damit bezahlt der Staat, was immer er will, mit einem Geld, von dem noch niemand weiß, dass es die Geldmenge aufpumpt. Die Ausbreitung erfolgt wie die Wellenbewegung, die ein in den Teich geworfener Stein verursacht. Im Zentrum ist der Effekt und die Differenz zwischen altem Preis und neuem Geld am größten – der Staat bekommt neue Ware zum alten Preis. Im äußersten Ring ist jedoch die große Menge der Menschen, die ein fixes Einkommen beziehen – Rentner, Arbeitnehmer, usw. Bis sie einen auch nur annähernden Ausgleich für das neue Geld bekommen haben, sind die Preise schon lange an die neue Situation angepasst.

Norbert Haag